Der SPD-Ortsverein Bernburg lud am Dienstag, den 25.10.2011 zu einer Podiumsdiskussion zur Arbeitsmarktpolitik in die “Alte Molkerei“ ein. Als Referent stand der SPD-Bundestagsabgeordnete und Arbeitsmarktexperte Ottmar Schreiner den interessierten Bernburgen Rede und Antwort. Moderiert wurde die Runde vom Magdeburger Bundestagsabgeordneten Burkhard Lischka.
Ottmar Schreiner, einer der profiliertesten innerparteilichen Kritiker der Agenda 2010 unter Kanzler Gerhard Schröder, nahm gerade Politiker aus den Neuen Bundesländern in die Pflicht. „Sie hätten seinerzeit auf die Barrikaden gehen müssen“, betonte er. „Arbeitsmarktpolitische Fehlstellungen betreffen zwar ganz Deutschland, aber gerade hier führen die ganz großen Baustellen der gesamtdeutschen Arbeitsmarktpolitik zu erheblichen Problemen. Viele Arbeitsbiografien sind geprägt von Arbeitslosigkeitszeiten und prekären Beschäftigungsverhältnissen.“ Das Zusammenspiel dieser „gesetzlich geförderten“ Arbeitsbedingungen fördere nicht nur die Abwanderung junger Menschen, die durch immer wieder neu befristete Arbeitsverträge einfach nicht die nötige Sicherheit zur Familienplanung hätten, sondern berge auch die zunehmende Gefahr der Altersarmut. Schreiner stellte die demographischen Probleme in den Zusammenhang mit der gegenwärtigen Arbeitsmarktpolitik und zeigte deren negativen Auswirkungen auf.
Ausführlich wurde in diesem Zusammenhang über Hartz IV, Leiharbeit und die Stellung der Gewerkschaften diskutiert. „Gott sei Dank hat sich der Umgang der Medien mit den Gewerkschaften in den letzten Jahren positiv gewandelt“, so Ottmar Schreiners Beobachtung. Dennoch mache der bisweilen sehr niedrige gewerkschaftliche Organisationsgrad in den Betrieben Tarifverhandlungen auf Augenhöhe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern oftmals unmöglich. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es in manchen Betrieben noch acht oder neun Jahre alte Tarifverträge gibt, bedingt durch den extrem niedrigen Organisationsgrad“, schätzte Schreiner ein und fügte hinzu: “Für gute Arbeitsbedingungen sind starke Gewerkschaften unabdingbar.” Die Ausweitung des Niedriglohnsektors, der Leiharbeit und der prekären Beschäftigung seien umzukehren. Die Arbeitnehmer, besonders die Jungen, bräuchten wieder eine sichere Perspektive. Allerdings seien nicht nur arbeitsmarktpolitische Änderungen nötig, sondern auch rentenrechtliche Korrekturen erforderlich.
Die anschließende Diskussionsrunde zeigte eine große Bandbreite an Themen, die von der Rolle der SPD bei der Hartz-Gesetzgebung über Möglichkeiten zur Verbesserung des arbeitsmarktpolitischen Rahmens bis hin zur Euro-Krise reichte.
„Wir freuen uns, dass diese Veranstaltung so gut angenommen wurde“, resümierte der Ortsvereinsvorsitzende Friedel Meinecke. „Gerade die kritischen Fragen von Nichtmitgliedern sind aus unserer Sicht ein wichtiger Bestandteil solcher Formate.“
Der SPD-Ortsverein Bernburg hat weitere Podiumsdiskussionen angekündigt. Die nächste findet am 8. November 2011 um 19:00 Uhr ebenfalls in der „Alten Molkerei“ statt. Zusammen mit dem Sozial- und Gesundheitsminister Norbert Bischoff und dem Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt Dr. Burkhard John sowie zwei Vertretern aus dem Gesundheitsausschuss des Bundestages werden dann Probleme und Aspekte rund um die Gesundheitspolitik diskutiert.